Anselm Tiggemann
Anselm Tiggemann (* 1970 in Münster) ist ein deutscher Historiker, Politologe und Autor.
Leben[edit | edit source]
Tiggemann absolvierte eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann und studierte danach Neuere und Mittlere Geschichte, Politikwissenschaften und Philosophie in Köln, Bonn und Bielefeld.[1] Er ist Altstipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung.[2] 2003 wurde er an der Universität Dortmund bei Herbert Hömig zum Dr. phil. promoviert.
Autorentätigkeit und politisches Wirken[edit | edit source]
Seine mit „magna cum laude“ bewertete Dissertation Die "Achillesferse" der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland wurde von PreussenElektra finanziert.[3] Die Arbeit wurde als fünfter Band der Reihe Subsidia Acadamica der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt publiziert.[4] Eine ausführliche Rezension veröffentlichte Patrick Kupper im Juli 2006 bei sehepunkte.[5]
Tiggemann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen[6] und leitet seit 2013 das Wahlkreisbüro von Cemile Giousouf (CDU) in Hagen.[7] Zuvor war er von 2000 bis 2005 Büroleiter und Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Marie-Theres Ley und von 2005 bis 2013 von Rita Klöpper.[8]
Daneben ist er als freier Autor tätig.[2] Sein Sachbuch über die CDU-CSU und die Ost- und Deutschlandpolitik 1969–1972 von 1998 wurde von Klaus Schroeder im Feuilleton der FAZ im November 1999 rezensiert.[9] Seine Rezensionen zu energie-, industrie- und umweltpolitischen sowie -historischen Werken sind auf der Plattform sehepunkte und bei H-Soz-Kult auffindbar.
Gorleben-Studie[edit | edit source]
Tiggemann erstellte für das niedersächsische Umweltministerium das Gutachten „Gorleben als Entsorgungs- und Endlagerstandort – Der niedersächsische Auswahl- und Entscheidungsprozess. Expertise zur Standortvorauswahl für das „Entsorgungszentrum“ 1976/77“.[10] Die Studie stellte die Standortvorauswahl zum geplanten Nuklearen Entsorgungszentrum (NEZ) mit Wiederaufarbeitungsanlage in der Nähe des Atommülllagers Gorleben als „sachgerecht“ dar.
Der damalige Umwelt- und Klimaschutzminister Niedersachsens Hans-Heinrich Sander (FDP) führte 2010 diese Studie als Beleg dafür an, dass Gorleben nicht willkürlich als Standort ausgewählt wurde und „dass die Verschwörungstheorien jeder Grundlage entbehren“.[11] Das Gutachten wurde von der niedersächsischen Landtagsabgeordneten Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) unter anderem als „Gefälligkeits-Gutachten“ und als „jämmerlicher Versuch, es dem Auftraggeber Sander Recht zu machen“ bezeichnet.[6] Der Sender n-tv sprach gar von einer von der FDP in Auftrag gegebenen Expertise.[12] Auch von der Umweltorganisation Greenpeace wurde das Gutachten kritisiert und als „eindeutig beschönigend und schleichend manipulativ“ bewertet.[13] Die FAZ betrachtete mit Tiggemanns Gutachten die Vorgeschichte der Standortentscheidung für Gorleben als aufgeklärt und nannte die Studie einen Beitrag zur Versachlichung.[14]
Tiggemann wurde 2010 auch als Zeuge vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag befragt.[15][16]
Privates[edit | edit source]
Tiggemann ist mit der Historikerin Claudia Tiggemann-Klein verheiratet und wohnt in Köln.
Schriften (Auswahl)[edit | edit source]
- CDU-CSU und die Ost- und Deutschlandpolitik 1969–1972: zur "Innenpolitik der Außenpolitik" der ersten Regierung Brandt/Scheel. Europäische Hochschulschriften: Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Band 776. Lang Verlag, Frankfurt am Main u.a. 1998. ISBN 978-3-631-32816-3
- mit Claudia Tiggemann-Klein: Das St.-Marien-Hospital im Herzen Kölns: Gesundheitsfürsorge, Frömmigkeit und Bürgerinitiative im Spiegel der Stadtgeschichte. Stiftung St. Marien-Hospital (Hrsg.), Bachem-Verlag, Köln 2004. ISBN 978-3-761-61862-2
- Die "Achillesferse" der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland: zur Kernenergiekontroverse und Geschichte der nuklearen Entsorgung von den Anfängen bis Gorleben 1955 bis 1985. Zugleich Dissertation; Europaforum-Verlag, Lauf an der Pegnitz 2004. ISBN 978-3-931-07034-2
- mit Erik Gieseking, Irene Gückel, Hermann Josef Scheidgen (Hrsg.): Zum Ideologieproblem in der Geschichte. Herbert Hömig zum 65. Geburtstag. Subsidia Academica, Reihe A, Neuere und neueste Geschichte 8. Europaforum-Verlag, Lauf an der Pegnitz 2006, ISBN 3-931070-46-8.
Einzelnachweise[edit | edit source]
- ↑ Anselm Tiggemann, Lang Verlag.
- ↑ 2,0 2,1 Autoren, Konrad-Adenauer-Stiftung; abgerufen am 13. Oktober 2015.
- ↑ Promoviert über Gorleben: Kölner legte Doktorarbeit vor, Elbe-Jeetzel-Zeitung, 22. April 2003.
- ↑ 133 Publikationen der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt seit 2004, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek; abgerufen am 13. Oktober 2015.
- ↑ Patrick Kupper: Rezension von: Anselm Tiggemann: Die "Achillesferse" der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland. Zur Kernenergiekontroverse und Geschichte der nuklearen Entsorgung von den Anfängen bis Gorleben 1955 bis 1985, Lauf a.d. Pegnitz: Europaforum-Verlag 2004. In: sehepunkte 6 (2006), Nr. 7/8, 15. Juli 2006.
- ↑ 6,0 6,1 Miriam Staudte: Gorleben: Tiggemanns Gefälligkeits – Expertise verfehlt Wirkung (Pressemitteilung), 29. Mai 2010.
- ↑ Cemile Giousouf; abgerufen am 13. Oktober 2015.
- ↑ Dr. Anselm Tiggemann, LinkedIn; abgerufen am 14. Oktober 2015.
- ↑ Klaus Schroeder: Rezension: Sachbuch – Annäherung durch Wandel, FAZ, 3. November 1999.
- ↑ Anselm Tiggemann: Gorleben als Entsorgungs- und Endlagerstandort: Der niedersächsische Auswahl- und Entscheidungsprozess. Expertise zur Standortvorauswahl für das „Entsorgungszentrum“ 1976/77, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz.
- ↑ Expertise zur Vorauswahl des Standortes Gorleben: Sander: Gorleben wurde nicht willkürlich ausgewählt, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, 28. Mai 2010.
- ↑ "Verschwörungstheorien" beendet? Gorleben sachgerecht ausgewählt, n-tv, 28. Mai 2010.
- ↑ Tiggemann-Gutachten zu Gorleben: beschönigend und manipulativ, Greenpeace, 30. September 2010.
- ↑ Stefan Dietrich: Beitrag zur Versachlichung: Die Vorgeschichte der Standortentscheidung für Gorleben ist aufgeklärt, FAZ, 31. Mai 2010
- ↑ Stenografisches Protokoll der 16. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses, Deutscher Bundestag, 30. September 2010
- ↑ Silvio Duwe: Endlagerfrage macht die Koalition nervös, Telepolis, 2. Oktober 2010