Dr. Erwin Pröll Privatstiftung

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Erwin Pröll 2015

Die Dr. Erwin Pröll Privatstiftung ist eine vom langjährigen niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll eingerichtete gemeinnützige Stiftung. Sie kam 2017 in die Kritik, als bekannt wurde, dass die niederösterreichische Landesregierung seit der Gründung 2007 bis 2016 mehr als eine Million Euro an Landesfördermitteln für die Stiftung bereitstellte, von denen 300.000 € bereits überwiesen wurden und der Rest auf Konten des Landes auf Abruf bereitliegt.[1] Ihr Gebaren wurde 2017 vom Landesrechnungshof untersucht und von diesem in Ordnung gefunden;[2] der Rechnungshof[3] und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft[4] haben eigene Untersuchungen angekündigt.

Einrichtung und Stiftungsvermögen[edit | edit source]

2006 feierte Erwin Pröll seinen 60. Geburtstag. Aus diesem Anlass habe er 150.000 Euro in Kleinbeträgen erhalten, die er im November 2007 einer Privatstiftung zuführte, wobei die Stiftung als Stiftungszweck angab, Projekte, die „kulturelle Traditionen pflegen“ oder „den ländlichen Raum als Raum für Kreativität weiterentwickeln“ zu unterstützen.[5] Angesiedelt ist die Stiftung im Wohnort Prölls, in Radlbrunn, die Zustelladresse ist aber seine Büroadresse im Landhaus in St. Pölten. Neben dem Stifter fungieren noch der Raiffeisen-Vorstand Erwin Hameseder und Johannes Coreth (ehemaliger Chef der Niederösterreichischen Versicherung) im Stiftungs-Vorstand.

Zusätzlich wurde die Stiftung seit ihrer Einrichtung von den zuständigen Finanzreferenten, zunächst Wolfgang Sobotka, danach Johanna Mikl-Leitner, mit jährlich 150.000 € aus Mitteln des Landes Niederösterreich bedacht – zuletzt Ende Dezember 2016 –, so dass das kumulierte Stiftungsvermögen im Jänner 2017 1,35 Millionen Euro minus der 115.000 € beträgt. Bis auf einen Fall, in dem die FPÖ gegen die Vergabe stimmte, stets mit den Stimmen aller in der Landesregierung vertretenen Parteien (ÖVP, SPÖ, FPÖ). Nicht über die Förderung informiert wurden die Opposition, der Landesrechnungshof und die Öffentlichkeit. 300.000 Euro wurden der Stiftung bereits überwiesen, der Rest ist auf Konten des Landes geparkt und kann von der Stiftung jederzeit abgerufen werden.

Aktivitäten[edit | edit source]

Je nach Quelle wurden 115.000 oder die gesamten ursprünglich in die Stiftung eingebrachten 150.000 € bis Ende 2016 ausgegeben.[6]

Gefördert wurden damit, wie nach dem Bekanntwerden der von der Landesregierung genehmigten Förderungen öffentlich gemacht wurde, unter anderem:[6][7]

  • ein „beinahe blinder Harmonikaspieler“ (7000 €)
  • ein Frauenintegrationsprojekt in Bad Vöslau (6000 €)
  • eine Senioreninitiative in Rappottenstein (300 €)
  • ein integrativer Chor aus dem Weinviertel, der mit körperlich beeinträchtigten Personen singt. (10.000 €)
  • zwei Halbwaisen aus dem Industrieviertel, denen nach dem Tod des Vaters Musikinstrumente und eine musikalische Ausbildung finanziert wurden (10.000 €)
  • sowie ungenannte Summen für eine katholische Jugendgruppe und einen Dorferneuerungsverein im Waldviertel.

Anfrage 2009[edit | edit source]

Nach einem Bericht in der Wiener Wochenzeitung Falter richtete die nicht in der Landesregierung vertretene Grüne Landtagsabgeordnete Helga Krismer-Huber eine Anfrage an Pröll, in der sie Auskunft über die Stiftung begehrte.[8] Von Pröll wurden ihre Anfragen zur Gänze „aus Datenschutzgründen“ zurückgewiesen, da es eine private Stiftung sei und sie somit kein Auskunftsrecht besäße. Einzig die Adresse im Landhaus wurde begründet, dass diese den Bürgern leichteren Kontakt ermögliche, wobei aber auch über die Mittel, wie Förderungen zu erhalten sind, keine Auskunft gegeben wurde.[9]

Falter-Bericht 2017[edit | edit source]

Im Dezember 2016 recherchierte der Falter-Chefredakteur Florian Klenk, dass neben dem durch Spenden erhaltenen Vermögen noch eine Million Landesgeld in die Stiftung floss[10] und löste damit eine Reihe von Medienberichten in in- und ausländischen Medien sowie heftige Reaktionen der ÖVP-NÖ aus. Während Erwin Pröll keine Stellungnahme abgab, wurde von Seiten der ÖVP mehrfach behauptet, es handle sich um „Fake News“, es wäre eine „aufgewärmte Geschichte“ und der Falter wolle Skandal machen, wo keiner sei. Der Rechnungshof hat am 16. Januar 2017 angekündigt, die Stiftung zu prüfen.[11] Am 17. Januar 2017 hat Pröll seinen Rücktritt als Landeshauptmann angekündigt, aber einen Zusammenhang mit der medialen Aufregung um die Stiftung verneint.[12]

Kritik an der Stiftung und an den Berichten darüber[edit | edit source]

Die mediale Berichterstattung lässt sich in zwei unterschiedliche Themenfelder gruppieren. Erstens die Frage, ob es einen Neuigkeitswert gebe, und zweitens, welche politischen und ethischen Fragen die Förderung zu einem Skandalon machen.

Kritik an der Berichterstattung durch Mitglieder der ÖVP[edit | edit source]

Pröll selbst nahm nur indirekt Stellung, als es um einen zu der Zeit noch kolportierten Rückzug ging: „Auf jeden Fall hat diese Entscheidung – so oder so – in keinster Weise mit der absurden Geschichte rund um die Stiftung zu tun.“[13] Von Bernhard Ebner, dem Landesgeschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, wurden die Recherchen Klenks umgehend als „Fake News“ bezeichnet[14], ein Vorwurf, den wenig später auch der amtierenden Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wiederholte.[15] In Presseaussendungen und auf Twitter unterstellte Ebner weiters Klenk betreibe eine „Sudel-Kampagne“, weise eine „Skandalisierungs-Neurotik“ auf, bezichtigte den Falter-Chefredakteur der Lüge, denn „die Geschichte [sei] nicht neu und allen bekannt“, und behauptete, in dessen Seminaren über investigativen Journalismus am APA-Campus würden „Tipps zur Verdachtsberichterstattung, Rufmord und Skandalisierung“ gegeben.[16][17] Ähnlich äußerste sich Prölls Sprecher Ernst Kirchweger, der auch schrieb, Klenk hätte die beteiligten Personen durch Anfragen „terrorisiert“, nur um eine Coverstory zu bringen, zu der es keine Substanz gebe.[18] Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ortete „künstliche Aufregung“, schließlich wären alle Vorgänge transparent.[19]

Unerwähnt blieb in den Reaktionen von Seiten der Vertreter der ÖVP, dass zwar die Stiftung selbst durchaus bekannt war, deren Förderung mit 1,35 Millionen Euro an öffentlichen Geldern durch die Landesregierung bislang hingegen nicht. Entsprechend hat Lukas Sustala auf NZZ Österreich den Kampagnenton der ÖVP kritisiert: „Was Florian Klenk da abgeliefert hat, war Journalismus, recherchiert, überprüft, investigativ. Man mag bei der einen oder anderen Interpretation Auffassungsunterschiede haben.“ Das rechtfertige aber nicht, das Recht der Öffentlichkeit durch persönliche Angriffe zu verunklären.[20] Ähnlich Reinhard Göweil in der Wiener Zeitung.[21] Günter Traxler sprach von „dirty campaigning“ auf Seiten der ÖVP.[22] Die Journalistengewerkschaft bezeichnete die Angriffe auf Klenk „ungeheuerlich und demokratieschädigend […]“.[23]

Kritik an der Stiftung[edit | edit source]

Folgende Fragen wurden in den verschiedenen Artikeln, unter anderem vom Falter, nzz.at, Standard, der Süddeutschen und Die Presse und Profil[24] sowie von den Grünen und weiteren Kritikern aufgeworfen:

  • Wer sind die Spender der ursprünglich anlässlich von Prölls 60. Geburtstag gesammelten 150.000? Wieso fand es der Landeshauptmann unproblematisch, eine so hohe Summe anzunehmen?[25][26]
  • Wieso wurde der Plan, eine „Akademie für den ländlichen Raum, in der jungen Menschen die Werte des ländlichen Raums vermittelt“ werden, zu gründen, nie öffentlich gemacht?[27][28]
  • Wieso gibt es keine Transparenz über die Verwendung der Steuergelder?[25]
  • Wieso darf der Landeshauptmann Steuergeld privat verteilen?[26]
  • Warum war es nicht problematisch, dass das Geld nicht ausgegeben wurde, sondern angespart?[1][29]
  • Wieso ist der Posten im Budget versteckt?[25]
  • Wieso vergibt das Land das Geld nicht direkt für wohltätige Zwecke, sondern wählt dem Umweg einer Privatstiftung?[7]
  • Ist der Länderausgleich zu großzügig dotiert, wenn solche Summen ohne klare Verwendung in Stiftungen verschoben werden können?[30]
  • Warum schweigen die niederösterreichischen Medien oder titeln, wie der Kurier, „die Stiftung müsse sich eben 'noch entwickeln'“?[31]

Ex-Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler hat eine Prüfung der mit öffentlichem Geld gesponserten Pröll-Privatstiftung gefordert und kritisiert die fehlende Transparenz: Die Stiftung ist so konstruiert, dass öffentliches Geld in eine private Stiftung floss, in der der Stifter, der Stiftungsvorstand und der Chef des Subventionsgebers ein und dieselbe Person ist (Erwin Pröll). Von Seiten des Landes wurde entgegnet, „sämtliche Förderungen wurden korrekt und nachvollziehbar“ nach den Förderrichtlinien des Landes Niederösterreichs abgewickelt.[32] Diese Förderrichtlinien scheinen aber nicht online einsehbar zu sein. Die Grünen bestreiten die Handhabung entlang der Richtlinien, da die Förderung in keinem Dokument des Landes Niederösterreich aufgeführt ist, während ansonsten auch kleine Summen nachvollziehbar seien. Sie haben angekündigt, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einzuschalten.[33]

Trivia[edit | edit source]

Die NÖ Landesakademie, die (vermutlich) ein ähnliches Aufgabenportfolio wie die geplante Akademie der Stiftung hatte, wurde mit Beschluss von 16. Juni 2016 per 1. Jänner 2017 aufgelöst[34][35] und stattdessen eine Privatstiftung in Form einer Denkwerkstätte für die künftigen Herausforderungen des Landes errichtet.[36][37]

Belege[edit | edit source]

  1. 1,0 1,1 Vorlage:Literatur
  2. Vorlage:Internetquelle
  3. Vorlage:Literatur
  4. Vorlage:Literatur
  5. http://www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/LVXVII/03/337/337A.pdf
  6. 6,0 6,1 Vorlage:Internetquelle
  7. 7,0 7,1 Florian Klenk: Geheimsache Pröll. Falter, Heft 1–2, 2017 https://cms.falter.at/falter/2017/01/10/geheimsache-proell/?selectyco
  8. http://www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/LVXVII/03/337/337A.pdf
  9. Vorlage:Internetquelle
  10. Florian Klenk in Falter (Wochenzeitung): Geheimsache Pröll]. Falter, Heft 1–2, 2017
  11. Vorlage:Literatur
  12. Vorlage:Literatur
  13. Vorlage:Literatur
  14. Vorlage:Internetquelle
  15. Vorlage:Internetquelle
  16. Vorlage:Literatur
  17. Vorlage:Internetquelle
  18. Vorlage:Internetquelle
  19. Vorlage:Internetquelle
  20. Vorlage:Internetquelle
  21. Vorlage:Literatur
  22. Vorlage:Internetquelle
  23. Vorlage:Literatur
  24. Vorlage:Literatur
  25. 25,0 25,1 25,2 Vorlage:Internetquelle
  26. 26,0 26,1 Vorlage:Internetquelle
  27. Privatstiftung: Erwin Pröll in Erklärungsnot, Kurier, 10.01.2017.
  28. Vorlage:Internetquelle
  29. Vorlage:Internetquelle
  30. Vorlage:Internetquelle
  31. Vorlage:Internetquelle
  32. Vorlage:Literatur
  33. Vorlage:Internetquelle
  34. http://noe-lak.at/impressum
  35. Privatstiftung löst Landesakademie ab noe.orf.at, 5.6.2016. Abgerufen am: 16.1.2017.
  36. Grüne Skepsis zum Aus der NÖ Landesakademie ots-Presseaussendung, 7.6.2016. Abgerufen am: 16.1.2017.
  37. Stiftungsurkunde "Forum Morgen Privatstiftung" Amt der NÖ Landesregierung, 31.5.2016. Abgerufen am: 16.1.2017