Falkensteinerbund
Der Falkensteinerbund ist ein schweizerischer, ursprünglich christlich-evangelisch orientierter Korporationsverband mit zurzeit vier (allesamt aktiven) Studentenverbindungen, gegründet (als Schweizerbund) 1888. Er ist einer der wenigen zweisprachigen Dachverbände (Deutsch und Französisch).[1]
Der mittlerweile verwendete Name des Bundes bezieht sich auf die Burgruine Neu-Falkenstein bei Balsthal im Kanton Solothurn. Seine inoffizielle Devise lautet „Gott – Freundschaft – Vaterland“ bzw. „Devoir – Amitié – Patrie“. Sein rechtlicher Sitz befindet sich am Wohnort des jeweiligen Bundespräses.[2]
Zweck[edit | edit source]
Der Falkensteinerbund bezweckt die Förderung der gemeinsamen Interessen und Ideen der beteiligten Verbindungen und deren Vertretung nach aussen, die Pflege der Freundschaft unter deren Mitgliedern und die Förderung der Beziehungen zum Alt-Falkensteinerbund (Art. 3 Statuten).
Geschichte[edit | edit source]
1847 wurde das Schwizerhüsli Basel als erste nichtschlagende und christliche Studentenverbindung der Schweiz gegründet und trat 1853 in die Reihe der Wingolfsverbindungen ein, allerdings ohne Stimmrecht.[3] Nach mehrfachen Versuchen, Kontakte zu christlich orientierten Studenten in anderen Schweizer Städten aufzunehmen, kam es 1888 zur Gründung der Zähringia Bernensis in Bern. 1891 gründeten Schwizerhüsli und Zähringia als Kartell beider Verbindungen den Schweizerbund.[4][5] Dafür lösten die Basler ihre engen Verbindungen zum deutschen Wingolf. 1893 gründete sich die „Carolingia Turicensis“ als dritte Verbindung des Schweizerbundes und wurde im Folgejahr in diesen aufgenommen, 1915 folgte als einzige französischsprachige Verbindung die „Valdésia“ in Lausanne. Das Ziel des Bundes, dauerhaft eine weitere Mitgliedsverbindung in Genf zu gründen, schlug fehl, nachdem die 1922 in den Falkensteinerbund aufgenommene „Philadelphia“ bereits im Folgejahr aufgelöst wurde.[6]
Lange Zeit kam der Bund ohne einen eigenen, passenden Namen aus. Nachdem das Bundesfest 1909 erstmals in Balsthal stattfand, wurde der Bund 1919[7] (nach anderen Quellen 1921[8]) in Falkensteinerbund umbenannt.[9] 1937 wurde ein Wanderliederbuch für den Bund herausgegeben.[10][11] 1938 beteiligte sich der Verband an einer Resolution der Coleurverbände gegen die Aktivitäten von nationalsozialistisch beeinflussten Studenten in der Schweiz.[12]
Anfangs reine Männerbünde, kam in den Falkenstein-Verbindungen in den 1970er Jahren erstmals die Frage nach einer Mitgliedschaft von Frauen auf.[13] Zwar beschloss die Valdésia bereits 1982, eine gemischte Verbindung zu werden, jedoch wurde erst 1994 die erste Studentin aufgenommen. Das Schwizerhüsli nahm zwei Jahre später erstmals eine Valdésierin als Mitglied auf und ist seit einer Statutenänderung 1999 eine gemischte Verbindung. Zähringia und Carolingia sind bis heute Männerbünde geblieben.[14]
Aufbau und Struktur[edit | edit source]
Mitgliedsverbindungen[edit | edit source]
Mitglieder des Falkensteinerbundes sind die folgenden vier Studentenverbindungen:[15]
- Schwizerhüsli Basel (1847) – Grün-Gold-Schwarz mit grünem Couleur
- Zähringia Bern (1888) – Rot-Gold-Blau mit blauem Couleur
- Carolingia Zürich (1893) – Blau-Gold-Schwarz mit blauem Couleur
- Valdésia Lausanne (1915) – Karmesin-Gold-Schwarz mit karmesinrotem Couleur
Zwar nehmen die Bundesorgane übergreifende Aufgaben wahr, die Einzelverbindung bleibt aber in ihrer Verfassung selbständig. Der einzelne Falkensteiner ist also zunächst Mitglied seiner Einzelverbindung. Zwischen den Verbindungen herrscht Aktivitätszwang, soweit die Statuten der einzelnen Verbindungen keine andere Regelung vorsehen (Art. 4 b Statuten). Schwizerhüsli und Valdésia sind gemischte Verbindungen; Zähringia und Carolingia nehmen nur Männer auf.
Organisation[edit | edit source]
Organe des Falkensteinerbunds sind gemäss Art. 5 Statuten:
- die Bundeschargierten (Exekutive)
- Bundespräses (B-X)
- Bundesaktuar (B-XX)
- Bundesquästor (B-XXX)
- die Delegiertenversammlung
- die Rechnungsrevisoren
- die Verbindungen
- die Gesamtheit der Einzelmitglieder in der Urabstimmung
Jede Verbindung entsendet drei Mitglieder an die Delegiertenversammlung. Der Zentralvorstand setzt sich ebenfalls aus drei Mitgliedern zusammen, welche der vorsitzenden Verbindung angehören. Diese haben an der DV kein Stimmrecht (Ausnahme: Stichentscheid des Bundespräses).
Jeweils eine Verbindung führt in der Reihenfolge ihrer Gründung im Turnus von vier Semestern des Vorsitz des Bundes („Geschäftsführung“). Die geschäftsführende Verbindung organisiert einmal jährlich das Bundesfest, in dessen Verlauf auch die ordentliche Delegiertenversammlung und zweijährlich die Übergabe des Vorsitzes stattfindet.[16]
Daneben existiert auch der Alt-Falkensteinerbund als vereinsrechtlich unabhängige, aber de facto eng mit dem Aktiven-Bund verknüpfte Organisation der Altherren der vier Verbindungen.
Beziehungen[edit | edit source]
Eine engere Beziehung zum Wingolf bestand auch beim Dachverband bereits vor dem Zweiten Weltkrieg.[17] Seit 1969 besteht erneut ein Freundschaftsverhältnis zwischen dem Falkensteinerbund und dem in Deutschland, Österreich und Estland vertretenen Wingolfsbund, der ebenfalls nichtschlagend und christlich orientiert ist. Dies zeigt sich durch gegenseitige Besuche der jeweiligen Bundesfeste, gegenseitige Bandverleihungen für die jeweils aktiven Senioren und die Möglichkeit, in beiden Dachverbänden Mitglied zu werden.[18]
Persönlichkeiten[edit | edit source]
Siehe auch Kategorie:Korporierter im Falkensteinerbund
- Hans Bietenhard (1916–2008), Prof. Dr. theol. / reformierter Theologe – Zähringia
- Erwin Bischof (1940–2015), Unternehmensberater, Politiker – Zähringia
- Melchior Buchs, Politiker – Zähringia
- Friedrich Eymann (1887–1954), reformierter Theologe und Pädagoge – Zähringia
- Markus Feldmann (1887–1958), Bundespräsident 1956 – Zähringia
- Karl Edmund «Charles» von Graffenried (1925–2012), Unternehmer (Espace Media und von Graffenried Holding) – Zähringia
- Wilhelm Hadorn (1869–1929), reformierter Theologe – Schwizerhüsli, Zähringia
- Heinrich Huttenlocher (1890–1954), Mineraloge und Petrograph – Zähringia
- Urs Küry (1901–1976), Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz 1955–1972 – Schwizerhüsli, Carolingia
- Zeki Kuneralp, türkischer Diplomat und Botschafter – Zähringia
- Emil Landolt (1895–1995), Stadtpräsident von Zürich 1949–1966 – Carolingia
- Elias Landolt (1926–2013), Prof. Dr. sc. nat. / Geobotaniker – Carolingia
- Hans-Dieter Leuenberger (1931–2007), Pfarrer, Psychotherapeut und Esoteriker – Zähringia
- Maurice Müller (1918–2009), Pionier der orthopädischen Chirurgie; Kunstmäzen – Valdesia, Zähringia
- Henri Rieben (1921–2006), „Schweizer Europäer“ und Vorreiter für die europäische Integration – Valdesia
- Adolf Schlatter (1852–1939), Professor für Theologie in Bern und Tübingen – Schwizerhüsli
- Bernard Vittoz, Präsident EPFL 1978–1992 – Valdesia
Bundeslied[edit | edit source]
Das (zweisprachige) Bundeslied hat folgenden Wortlaut:
1. 2. |
3. 4. |
Siehe auch[edit | edit source]
Einzelnachweise[edit | edit source]
- ↑ Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde. Handbuch des Korporationsstudententums. Bad Buchau 2014, S. 206, ISBN 978-3-925171-92-5.
- ↑ Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur: Die studentischen Verbindungen einst und jetzt. Callwey, München 1986, S. 240.
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/geschichte/1847-gruendung-des-schwizerhuesli-in-basel.html
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/geschichte/1891-gruendung-des-schweizerbundes-zwischen-schwizerhuesli-und-zaehringia.html
- ↑ Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur: Die studentischen Verbindungen einst und jetzt. Callwey, München 1986, S. 240. [1]
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/geschichte/1915-gruendung-der-valdesia-in-lausanne.html
- ↑ Michael Doeberl, Alfred Bienengräber, C.A. Weller, Das akademische Deutschland, Band 2 , 1931, S. 207 ff
- ↑ Dozenten der bernischen Hochschule Pietro Scandola, Franziska Rogger, Kommission für Bernische Hochschulgeschichte, Stephan Schmidlin, Die Universität, 1984, S. 455
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/geschichte/1919-namensgebung-als-falkensteinerbund.html
- ↑ Wanderliederbuch des Falkensteinerbundes: Schizerhüsli, Basel; Zähringia, Bern; Carolingia, Zürich; Valdésia, Lausanne, Grunau, 1937
- ↑ Raimund Lang, Ergo cantemus!: Texte und Materialien zum Studentenlied, SH-Verlag, 2001
- ↑ Stolzes Banner am Limmatstrand: Die Geschichte der Akademischen Verbindung Turicia 1860–2013, Alt-Turicia Zürich, vdf Hochschulverlag AG, 2014, S. 123 ff
- ↑ Vorlage:Internetquelle
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/geschichte/weitere-entwicklung-des-falkensteinerbundes.html
- ↑ Paulgerhard Gladen: Die deutschsprachigen Korporationsverbände. WJK-Verlag, Hilden 2014, ISBN 978-3-933892-28-7. S. 337.
- ↑ http://www.falkensteiner.ch/de/statuten/statuten-falkensteinerbund/ii-organisation.html
- ↑ Politik und Religionskultur in Hessen und Nassau zwischen "Staatsumbruch" (1918) und "nationaler Revolution" (1933): Ursachen und Folgen; S. 24 ff, Karl Dienst, Verlag Peter Lang, 2010
- ↑ 100 Jahre Freiburger Wingolf: Festschrift Verein Alter Freiburger Wingolfiten 2013, S.96
Literatur[edit | edit source]
- Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur: Die studentischen Verbindungen einst und jetzt. Callwey, München 1986, S. 240.
- Paulgerhard Gladen: Die deutschsprachigen Korporationsverbände. WJK-Verlag, Hilden 2014, ISBN 978-3-933892-28-7. S. 337.
- Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde. Handbuch des Korporationsstudententums. Bad Buchau 2014, S. 206, ISBN 978-3-925171-92-5.